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TRANSFER

East side stories

Love stories

Die Bildsprache speist sich aus der konzeptuellen und ästhetischen Fusion von Fotografie, Film und Malerei. Inszenierung, Montage und Dokumentation, nachgestellte Wirklichkeit und wiedergegebene Realität, sowie Theater und Reportage, fließen ineinander.

 

Durch die Inszenierung oder Re- Inszenierung entsteht eine andere Perspektive auf die gesellschaftliche Realität.

Die Inszenierung versucht nicht einfach nur die Realität wieder zu spiegeln, sondern etwas “Künstliches“ mit dem Ziel einer Analyse gesellschaftlicher Verhältnisse aufzubauen.

 

Zwei fotografische Stile fließen ineinander; der dokumentarische und der kinematographische Stil.

Es gibt zum Teil dokumentarische Bilder, die vorgefundene Situationen zeigen und arrangierte Bilder, die eine Situation wiedergeben, die sich nur geringfügig von der Realität unterscheidet. Sowohl in vorgefundenen als auch in arrangierten Bildern sind die ansonsten kaum erkennbaren Zwischenräume menschlichen Verhaltens freigelegt.

Der gezielte Einsatz von künstlerischen Mitteln ist insofern bedeutsam, als er einerseits den kinematographischen Bildern eine dokumentarische Qualität verleiht, während er andererseits Zweifel an der Glaubwürdigkeit der dokumentarischen Fotografien zulässt.

 

Bezeichnend für die Serie ist der performative Charakter. Dass Narcisa Fluturel selbst als Darstellerin auftritt, zwingt den Betrachter, sich mit dem Herstellungsprozess der Fotografie, das heißt mit ihrer Inszenierung, auseinanderzu-setzen. Es wird dem Betrachter verdeutlicht, dass die Künstler Autoren, Intendanten (Regisseure) und im Falle von Narcisa Fluturel, Akteur in einem sind.

"Fluturel ist mehr

Fluturel ist sozial engagierte Fotografie. Sie fängt den Alltag ein und macht kleine Wünsche und Lebenslügen sichtbar. Fluturel hat den wohlwollenden Blick einer erfahrenen Sozialarbeiterin, die unter der Oberfläche die Ambivalenzen erkennt. Ist das beklemmend? Nur dann, wenn man sich das Leben geradliniger erwartet hat, als es tatsächlich ist.

Fluturel ist expressionistisch. Der sorgfältig aufgebaute Hintergrund dramatisiert den Vordergrund. Die Personen stehen nicht für sich, sondern immer in Beziehung zu ihrer Umgebung. Auch wenn denen das gar nicht bewusst zu sein scheint. Das Drama ist nicht nur in uns, es kommt auch von außen. Besser: Es ist überall, aber immer wieder anders.

Fluturel ist barockes Stillleben. Perfekt und absolut scharf sind anscheinend zufällig verstreute Details zu entdecken: Ein Blatt, ein Heiligenbild etc.. Die Einzelheiten ergeben ein sinnvolles Ganzes. Auch der Zufall ist inszeniert.

Fluturel ist ein Spiel mit der Realität und der Fiktion. Die sorgfältig gestalteten Oberflächen der Bilder wechseln vom Foto zum Gemälde und zurück. Was ist original, was (perfekt) einkopiert? Wo kippt die Realität in eine Inszenierung? Wo beginnt die neue Erzählung? Und warum? Zugegeben, im Zeitalter der Fake-News hat man sich daran gewöhnt, dass Realität und Fiktion nicht mehr unterscheidbar sind. Aber Fluturel ist nicht nur Verwirrung, sie ist mehr. Fluturel lebt die multiple Persönlichkeit: Sie öffnet den Blick auf Alternativen, auf das Mögliche und Machbare. Auch Cindy Sherman hat ausgiebig mit diesem Thema gearbeitet. 

Fluturel ist sichtbare Philosophie. Philosophie will uns heute nicht mehr erklären, was richtig und was falsch ist. Postmoderne Philosophie wird zum Begleiter, die uns z.B. zeigt, wie Realität in Subsysteme zerfällt. Die großen Erzählungen verschwinden und mit ihr die Orientierung. Diesen großartigen, aber auch beängstigenden Zerfallsprozess, zeigt Fluturel. 

Fluturel ist keine Werbefotografie. Werbung lenkt den Blick auf das zu verkaufende Produkt ab. Sie irritiert kurzfristig, aber sie schafft nichts Neues. Auch deshalb ist Fluturel mehr."

 

Franz Will, Sozialarbeiter und Philosoph (Dr. phil.)

 

 

 

 

 

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